In der “neuen Realität”, die durch den Ausbruch von COVID-19 verursacht wurde, waren die meisten Wunscheltern gezwungen, ihre Pläne für grenzüberschreitende Fruchtbarkeitsbehandlungen auf Eis zu legen. Tatsächlich war das eine vernünftige und absolut sinnvolle Entscheidung. Neue Impfstoffe und Schutzmaßnahmen, die von den meisten Regierungen auf der ganzen Welt eingeführt wurden, lassen uns mit vorsichtigem Optimismus in die nahe Zukunft blicken.
Nichtsdestotrotz bleiben die Fragen “was tun?” und “wann?” für diejenigen Wunscheltern offen, die in Erwägung ziehen, Dienstleistungen und Behandlungen im Bereich der assistierten Reproduktion, wie z. B. Eizellspenden oder Leihmutterschaftsprogramme, außerhalb ihres Heimatlandes in Anspruch zu nehmen. Auf der einen Seite scheint es zu früh zu sein, eine Behandlung zu beginnen, wenn man bedenkt, dass die mit COVID-19 verbundenen Risiken noch zu hoch sind, auf der anderen Seite fühlt es sich wie Zeitverschwendung an, nur zu warten und nichts zu tun. Und bis zu einem gewissen Grad ist es das auch.
Werfen wir einen Blick auf ein klassisches Leihmutterschaftsprogramm mit gespendeten Eizellen. Die folgenden Schritte sind erforderlich, noch bevor irgendwelche medizinischen Eingriffe vorgenommen werden können:
- Notariell beglaubigte Kopien, Apostillen von Dokumenten, die für das Programm erforderlich sind – 1 – 2 Wochen;
- Vertrag mit der Klinik, Einverständniserklärungen und Verzichtserklärungen (Übersetzung und Unterzeichnung) – 1 Woche;
- Medizinische Untersuchung der Wunscheltern – 1 Woche;
- Suche nach einer passenden Eizellspenderin – 1 – 3 Monate (kann länger dauern);
- Suche nach einer passenden gestationellen Tragemutter (Leihmutter) – 1 – 3 Monate (kann länger dauern);
- Ausarbeitung und Verhandlung der Verträge mit der Spenderin und der Tragemutter – 1 – 2 Wochen;
- Unterzeichnung eines notariell beglaubigten Vertrags mit der Tragemutter – 1 Woche;
Wie Sie sehen können, dauert es selbst unter idealen Bedingungen etwa 3 – 4 Monate, um den Behandlungsablauf ordnungsgemäß zu planen und vorzubereiten.
In einigen Fällen, wenn die Wunscheltern sehr spezifische Anforderungen in Bezug auf eine Eizellspenderin oder eine Leihmutter haben, kann es mehr als 6 Monate dauern, die geeignete Kandidatin zu finden und für sie eine Untersuchung, ein Interview usw. zu vereinbaren.
Im Jahr 2020 wurden die meisten neuen Leihmutterschafts- und Eizellspendeprogramme auf Eis gelegt. Viele Wunscheltern waren gezwungen, ihre grenzüberschreitenden Fruchtbarkeitsbehandlungen aus Angst vor einer Coronavirus-Infektion und den damit verbundenen Reisebeschränkungen zu verschieben. Infolgedessen werden wir wahrscheinlich mit einem dramatischen Anstieg der Nachfrage nach solchen Dienstleistungen konfrontiert werden, sobald sich alles wieder normalisiert.
Was bedeutet das für die Wunscheltern?
Lassen Sie uns, da wir keine glaubwürdigen Statistiken zur Verfügung haben, versuchen, ein Modell zu erstellen, das auf sehr groben Schätzungen beruht, um die möglichen Folgen eines solchen Aufschubs der Nachfrage abschätzen zu können. Das ukrainische Justizministerium teilte auf Anfrage der Deutschen Welle mit, dass im Jahr 2019 fast 1.500 Babys, die von Paaren aus dem Ausland in Auftrag gegeben wurden, von Leihmüttern in der Ukraine geboren wurden [1]. Wenn wir berücksichtigen, dass es in einigen Fällen Zwillinge gab, können wir grob schätzen, dass die Nachfrage nach ukrainischen Leihmutterschaftsprogrammen aus dem Ausland im Normalfall bei etwa 100 neuen Fällen pro Monat lag (obwohl wir glauben, dass die Zahlen in Wirklichkeit viel höher sind, halten wir uns an die offiziellen Zahlen). Man kann ebenfalls davon ausgehen, dass die Fruchtbarkeitskliniken mit einer Kapazität von etwa 70% gearbeitet haben, um neue Patienten aufzunehmen, ähnlich wie die Agenturen, die Tragemütter und Spenderinnen suchen. Die COVID-bedingten Einschränkungen gelten nun für etwa 12 Monate. Seien wir optimistisch und nehmen wir an, dass sich alles gegen Ende des Sommers 2021 zu normalisieren beginnt (die Beschränkungen für internationale Reisen sind aufgehoben und mit einer Fruchtbarkeitsbehandlung kann ziemlich sicher begonnen werden). Wir können sogar die Vermutung anstellen, dass 50% der Wunscheltern ihre Pläne ändern und sich gegen eine Behandlung mithilfe von Leihmutterschaft entscheiden.
[1] https://www.dw.com/en/coronavirus-babies-born-to-surrogates-stranded-in-ukraine-clinic/a-53547276
Somit kommen wir zu den folgenden Ergebnissen:
- Zeit der Verzögerung – 18 Monate (Februar 2020 – August 2021);
- Anzahl der aufgeschobenen Fälle – 18 x 100 x 0,5 = 900 Fälle;
- vermutete 100 neue Fälle = 70% der Kapazität der Kliniken und Agenturen, 100% = 143 neue Fälle pro Monat;
- Nachfrage übersteigt 100% der Kapazität = 900 / 143 = 6,3-mal.
Wie Sie aus dieser einfachen Berechnung ersehen können, wird die unerfüllte Nachfrage nach einer Leihmutterschaft im August 2021 6-mal höher sein als die verfügbare Kapazität.
Lassen Sie uns die gewagte Vermutung mit einberechnen, dass Fruchtbarkeitskliniken und -agenturen ihre Kapazität jeden Monat um 20% erhöhen. Das ist in der Tat eine gewagte Vermutung, da viele Dienstleister, insbesondere diejenigen, die sich ausschließlich auf assistierte Reproduktion konzentrieren, Kürzungen beim Personal vornehmen mussten und es wahrscheinlich einige Zeit dauern wird, bis sie das Niveau von 2019 erreichen. Wir stellen eine weitere Vermutung auf, dass die Patienten, die auf eine Behandlung warten, nicht alle auf einmal kommen (für den Zweck unserer Übung verteilen wir diese überdurchschnittliche Nachfrage gleichmäßig auf die ersten 3 Monate).
Grobe Schätzung, wann die Kapazität voraussichtlich mit der Nachfrage übereinstimmen wird:
Ohne einen Anspruch auf Zahlengenauigkeit zu erheben, zeigt dieses Modell deutlich, dass sich die derzeitige Situation mit einem Aufschub der Nachfrage im besten Fall frühestens im ersten Quartal 2022 beruhigen wird, vorausgesetzt, dass alles in diesem Sommer wieder “normal” wird.
Was ist zu erwarten?
Erstens wird es höchstwahrscheinlich Wartelisten für Behandlungen in seriösen Kliniken geben, da deren Kapazitäten begrenzt sind. Zweitens wird es mehr Zeit in Anspruch nehmen, eine geeignete Eizellspenderin und/oder Tragemutter zu finden. Und nicht zuletzt wird ein schneller Anstieg der Nachfrage wahrscheinlich zu Preiserhöhungen führen (sowohl bei den Anbietern von medizinischen und weiteren Dienstleistungen als auch bei der Vergütung von Eizellspenderinnen und Tragemüttern).
Gibt es eine Möglichkeit, diese Risiken zu minimieren?
Wir empfehlen Ihnen, die rechtlichen und organisatorischen Formalitäten so schnell wie möglich zu erledigen und sich auf den medizinischen Teil des Programms vorzubereiten, sobald es einigermaßen sicher ist. Ein solches Vorgehen ermöglicht es den Wunscheltern, die Wartelisten in den Fertilitätskliniken zu umgehen und die Zeit effektiv zu nutzen, die viele andere Patienten einfach ungenutzt verstreichen lassen. Das juristische Team unserer Agentur (Fertility Ukraine) hat auch eine Reihe von Vorverträgen mit Eizellspenderinnen und Tragemüttern erstellt, die den Wunscheltern einen gewissen Komfort bieten, indem sie es ihnen ermöglichen, sich die Verfügbarkeit der von ihnen ausgewählten Kandidatinnen zu sichern und mit diesen im Voraus vereinbarte Vertragskonditionen festzuhalten.
Die zeitaufwendigsten nicht-medizinischen Maßnahmen können aus der Ferne durchgeführt werden und erfordern keine physische Anwesenheit der Wunscheltern, insbesondere:
- Formalien (rechtlich und organisatorisch) In den meisten Fällen kann unsere Agentur alle Formalitäten aus der Ferne abwickeln, über Audio- oder Videoanrufe, E-Mails und den Austausch von Originaldokumenten per Post. Für bestimmte Maßnahmen kann von den Wunscheltern eine notariell beglaubigte und mit Apostille versehene Vollmacht verlangt werden.
- Suche nach einer passenden Eizellspenderin und/oder Leihmutter in der Ukraine Dies ist ein weiterer zeitaufwendiger Prozess, der von unserer Agentur durchgeführt werden kann, ohne dass eine physische Anwesenheit der Wunscheltern erforderlich ist. Im Fall von offenen oder halboffenen Spenderinnen können wir persönliche Treffen durch Videokonferenzen ersetzen, die von Fertility Ukraine organisiert werden.
Behandlungsprogramme, die ohne die physische Anwesenheit der Wunscheltern begonnen werden können
In Fällen, in denen eine eindeutige Dokumentation des Gesundheitszustands vorliegt, können wir die Wunscheltern in das Programm aufnehmen, ohne dass sie in die Ukraine reisen und physisch in der Klinik anwesend sein müssen.
Wenn es möglich ist, kryokonservierte Gameten an die ukrainische Klinik zu senden, kann das Programm aus der Ferne gestartet werden, wobei die gesamte Kommunikation online erfolgt.
Eizellspendeprogramm:
Nachdem sie ausgewählt und sorgfältig untersucht wurde, kann die Eizellspenderin stimuliert werden. Danach kann die Entnahme der Oozyten (Eizell-Entnahme) und deren Vitrifikation (Einfrieren) oder deren Befruchtung mit dem Sperma des Wunschvaters (das zuvor in eine ukrainische Klinik geschickt wurde) oder dem Sperma eines Spenders durchgeführt werden. Darauf folgen die Embryokultur und die Vitrifikation (zu diesem Zeitpunkt kann auch die Präimplantationsdiagnostik (PID) durchgeführt werden).
Im Grunde brauchen die Wunscheltern bzw. braucht die alleinstehende Frau keine Klinik aufzusuchen, bis der Embryo für den Transfer bereit ist. Durch dieses relativ simple Verfahren ist man COVID und anderen damit verbundenen Risiken weniger ausgesetzt.
Leihmutterschaftsvereinbarungen:
Sobald die Tragemutter (und ggf. auch eine Eizellspenderin) ausgewählt und sorgfältig untersucht wurde, können die Wunscheltern mit dem Erzeugen von Embryonen und deren Vitrifikation (Einfrieren) fortfahren. Darüber hinaus ist es, abhängig von den Empfehlungen des behandelnden Arztes und der allgemeinen COVID-Situation in der Region, in der die Tragemutter lebt, auch möglich, den Embryotransfer ohne die Anwesenheit der Wunscheltern durchzuführen. Der Embryotransfer kann auch dann durchgeführt werden, wenn die Wunscheltern über kryokonservierte Embryonen verfügen und diese in die ukrainische Klinik schicken. Da unsere Agentur alle Formalitäten erledigt und die Schwangerschaft im Auftrag der Wunscheltern überwacht, ist ihre Anwesenheit nur während des glücklichen Moments der Geburt und bei der Beantragung der Reisedokumente (Reisepass) für das neugeborene Kind erforderlich.
Wann eine physische Anwesenheit der Wunscheltern erforderlich ist:
- Wenn es praktisch nicht möglich ist oder vom Arzt nicht empfohlen wird, das Sperma des Wunschvaters in kryokonservierter Form in die Ukraine zu senden;
- Wenn, beim Eizellspendeprogramm (ohne Leihmutterschaft), die Anwesenheit der Wunschmutter für die Vorbereitung des Transfers und für den Embryotransfer selbst erforderlich ist;
- Wenn, beim Leihmutterschaftsprogramm, die Eizellen der Wunschmutter verwendet werden, um einen Embryo zu erzeugen und es praktisch nicht möglich ist oder vom Arzt nicht empfohlen wird, sie in einer kryokonservierten Form in die Ukraine zu senden;
In jedem Fall ist die Anwesenheit beider Wunscheltern erforderlich, um aus der Entbindungsklinik entlassen zu werden und um die Formalitäten bezüglich der Reisedokumente (Reisepass) für das Neugeborene zu erledigen.
